Mäuseturm von Güttingen

0
614
Mäuseturm von Güttingen

Im See vor Güttingen liegen Reste eines mittelalterlichen Turms und von bronzezeitlichen Pfahlbauten – der Mäuseturm von Güttingen.

Der Mäuseturm, der einst vor Güttingen im Bodensee stand, ist sagenumwoben. Die Thurgauer Archäologen entlocken dem See seine jahrtausendealten Geheimnisse.

Einst regten sie die Fischer auf, jetzt regen sie die Archäologen an: Auf einer Untiefe, die beim Hafen von Güttingen gut zweihundert Meter vom Ufer entfernt im Bodensee liegt, ragen Pfähle aus dem Boden. Sie ragen hinauf, weil die Strömung den Seegrund wegspült. Dadurch würden die Objekte aus der Vorzeit rasch zerstört.

Deshalb entschieden sich die Thurgauer Archäologen vor drei Jahren, diesen Ort mit Tauchgrabungen zu untersuchen. Derzeit läuft der vierte Einsatz – was die Taucher machen und was sie finden, zeigt Simone Benguerel, die Archäologin im Amt für Archäologie des Kantons Thurgau.

Wasserburg der bösen Herren

Die Pfähle so weit im See stellten die Archäologen bisher vor Rätsel: Nach ihren Erkenntnissen kann der Spiegel des Bodensees, seit er nach der letzten Eiszeit entstand, nie so tief gewesen sein, dass die mysteriösen Bauten am Ufer lagen. Erzählt wird aus diesem Ort eine Sage. Die des Mäuseturms, eine Wasserburg der bösen Herren von Güttingen, die in einer Hungersnot Arme in einer Scheune verbrennen liessen und von den herausrennenden Mäusen in ihrer Burg aufgefressen wurden.

«Eine massive Holzkonstruktion im Wasser, in einem Quadrat von 15 mal 15 Meter mit Pfählen umstellt, lässt sich ins 12. Jahrhundert datieren», sagt Simone Benguerel. Im Hochmittelalter gab es hier eine Turmanlage, wie sie die Archäologen an zwei weiteren Orten in der Ostschweiz kennen. «Das Areal wurde schon zur Römerzeit genutzt», sagt Simone Benguerel weiter.

Abtauchen in den Untergrund zum Mäuseturm

Die Taucher, die den Untergrund in drei Metern Tiefe jetzt wieder die nächsten Monate absuchen, graben sich aber noch weiter in die Vergangenheit zurück. Vor einem Jahr haben sie eine weitere Holzkonstruktionen gefunden. Die Taucher nahmen Proben aus harten Eichenbalken und Pfählen. Dank der Dendrochronologie, das heisst der Analyse der Jahrringe, können die Archäologen die Bauzeit bestimmen. Einzelne Hölzer stammen somit sicher aus der Römerzeit.

Nicht nur zur Römerzeit dürften hier Menschen gewohnt haben, sondern schon in der Bronzezeit, zwischen etwa 1 110 und 930 vor Christus vermutlich an Land, was die Archäologen bisher nicht für möglich hielten. Auf einem riesigen Feld von rund eineinhalb Hektaren stand eine Siedlung, von der heute im Wasser, ein steinernes Feld zeugt, aber auch eine grosse Zahl von Bronzebeilen, die die Taucher aus dem Schlamm befreiten. Unter den bisherigen Fundstücken waren auch mittelalterliches Kochgeschirr und römische Ziegel.

Mäuseturm Güttingen Keramik Scherben

Werkzeug ist über 3000 Jahre alt

Das sind Pfahlbauer-Werkzeuge aber auch andere Fundstücke quer durch dreitausend Jahre Geschichte. Ob römische Ziegel, moderne Scherben oder mittelalterliches Kochgeschirr, das sich auf drei Beinen ins Feuer stellen liess, das sind Anschauungsobjekte in der Museumsausstellung im Museum für Archäologie in Frauenfeld.

Für die Thurgauer Archäologen ist klar, dass die taucharchäologische Bestandesaufnahme fortgesetzt wird. Zusätzlich wird dabei der Frage nach der Nutzung des Mäuseturms in römischer Zeit nachgegangen, die dank Gefässfunden und datierten Bauhölzern seit der letztjährigen Kampagne gesichert ist.

Mäuseturm von Güttingen: Neue Erkenntnisse gewinnen

Es ist nicht das erste Jahr, in dem an dieser Stelle in Güttingen untersucht und dokumentiert wird. Schon in den Jahren 2008, 2017 und 2018 wurde dort gegraben. Durch die Funde und Proben der letzten Jahre hat man festgestellt, dass die Bauhölzer aus dem 12. Jahrhundert n.Chr. stammen. Allerdings wurden etwas abseits auch Pfahlreste geborgen, die bereits in römische Zeit datieren. Die Archäologen vermuten, dass auch die Untiefe, auf welcher der Mäuseturm liegt, schon in römischer Zeit genutzt wurde. Beweise hierfür wird ihnen allerdings erst die Auswertung der Proben vom Dendrochronologen liefern können.

Diese Artikel könnten Sie ebenfalls interessieren:

Gedächtnisspiel von Google – so macht Gehirntraining Spass – Flow (flowbusinessmag.com)

Was ist Wissenschaft und wie kann man von ihr profitieren? (flowbusinessmag.com)

Stephen Hawking – ein Leben für die Wissenschaft – Flow (flowbusinessmag.com)