Matthias Liechti: LSD als Therapiemöglichkeit?

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Matthias Liechti

In Basel entdeckte der Chemiker Albert Hofmann im Jahr 1943 die halluzinogene Wirkung des Lyserg­säurediethylamids (LSD). Und ebenfalls in Basel forscht der Psychopharmakologe Matthias Liechti daran, wie LSD auf Gesunde wirkt und ob die Substanz bei der Therapie von psychischen Erkrankungen helfen könnte.

Psychedelika mit medizinischem Potenzial und einer reichhaltigen Geschichte

Psychedelika können bei psychischen Erkrankungen eingesetzt werden. Gemeint ist die pharmakologische Wirkung von Psychedelika wie LSD oder das in Zauberpilzen enthaltene Psilocybin. Was dann im Gehirn passiert, ist für Laien noch unzureichend verstanden. Der LSD-Forscher und Arzt Matthias Liechti vergleicht einen Trip mit starken Gefühlen. Klinische Studien weisen die Wirksamkeit von psychedelischen Substanzen nach, etwa bei therapieresistenten Depressionen.

Ein Forscher wie Matthias Liechti es ist, konzentriert sich in der psychedelischen und der Bewusstseinsforschung darauf, wie Psychedelika das Verhalten, die Stimmung, die Gehirnfunktion und die biologische Funktion der Gesundheit beeinflussen könnten.

Matthias Liechti: LSD hatte ein schlechtes Image als Droge. Heute steht LSD im Fokus in der Forschung. Es gibt Hinweise, dass die Substanz bei psychischen Erkrankungen helfen könnte. Warum ist das nötig?

LSD zeigt eine therapeutische Wirkung bei Angsterkrankungen. Möglich ist auch eine Wirkung bei Depression, Sucht und gewissen Kopfschmerzen. Das muss aber noch untersucht werden.

Für Psilocybin gibt es klinische Studien und es heisst, dass die Substanz eine Wirkung wie ein Antidepressivum hat. Was ist der Vorteil beim Einsatz einer Substanz?

Psilocybin nimmt man nur einige wenige Male und es hat eine anhaltende Wirkung über Wochen bis Monate. Ein anderes neues Medikament mit ähnlicher Wirkung ist Ketamin. Dieses ist bereits auf dem Markt. Andere klassische Antidepressiva muss man täglich einnehmen und es zeigen sich mehr Nebenwirkungen.

Klinische Studien mit LSD werden bei gesunden Menschen gemacht. Welche Gefühle kann ein Trip auslösen?

Bei den aktuellen klinischen Studien werden mittelstarke Dosierungen verwendet, welche starke Gefühle auslösen.

Werden an der Uni Basel psycholytische Therapien durchgeführt?

In Basel werden in der Psychiatrischen Klinik Patienten mit Depression oder Sucht mit LSD behandelt. Dies wird innerhalb von Studien oder mit Einzelbewilligungen des BAG gemacht. Am Universitätsspital werden zurzeit nur Patienten mit Kopfschmerzen in einer Studie behandelt. Primär untersuchen wir die Wirkung von LSD bei gesunden Personen.

Heisst dies, dass Psychotherapie mit bewusstseinsverändernden Substanzen in einem Grenzbereich zwischen der herkömmlichen Psychotherapie steht?

Bei der Substanz-assistierten Therapie wird die Substanzwirkung idealerweise mit einer Psychotherapie kombiniert. Die Psychotherapie findet langfristig statt und wird mit Substanzsitzungen zum Beispiel einige Male pro Jahr ergänzt. Während der Substanzgabe wird in der Regel nicht viel gesprochen, eher wird das Erlebnis danach in der Therapie nachbesprochen. Es ist wahrscheinlich, dass die Möglichkeit Substanzen zu verwenden, die Psychotherapie bereichert und allenfalls verstärkt. Umgekehrt werden in der Regel Substanzen nicht ohne einen zusätzlichen therapeutischen Rahmen eingesetzt. Beide Therapieformen ergänzen sich vermutlich. Das muss aber noch genauer untersucht werden.

Hat die Pharmaindustrie ein Interesse an einer Zusammenarbeit mit Ihnen für die Produktion von Medikamenten aus LSD-Substanzen?

Ja, es bestehen zunehmend Zusammenarbeiten von Akademie und Industrie in diesem Gebiet. Verschiedene Firmen entwickeln zurzeit psychedelische Substanzen zu Medikamenten. Das ist für Methylendioxyamphetamine (MDMA), Psilocybin und LSD bereits der Fall. Das ist aber eine neue Entwicklung, welche sich aktuell rasch verstärkt.

Wie weit ist die Forschung mit LSD bei Patienten?

Es gibt viele alten Daten. In den letzten Jahren wurde LSD zudem neu in Hinblick auf eine Medikamentenzulassung untersucht. So wurden bereits die Verträglichkeit und Verstoffwechselung in gesunden Personen in der «Phase 1» gut untersucht. Zudem laufen Studien mit LSD bei Patienten mit Angststörung, Depression, und Cluster Kopfschmerzen. Alle diese Studien werden in der Schweiz durchgeführt. Zudem werden internationale Multizenterstudien geplant. In den nächsten Jahren ist von einer breiten Forschungstätigkeit auszugehen, da es zu wenig wirksame Behandlungsformen für psychische Krankheiten gibt. Daher wird das Potential von psychedelischen Substanzen nun mit den Methoden der Medikamentenentwicklung professionell untersucht.

Die Psychedelik-Forschung gibt Anlass zur Hoffnung, gerade im Hinblick auf depressive Menschen, die nicht auf Antidepressiva ansprechen. Heute zeichnet sich ein differenzierter Umgang mit der Substanz ab. LSD ist eine Substanz mit gesundheitlichen Gefahren und auch medizinischem Potenzial und einer reichhaltigen Geschichte.

 

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