Lunar Race – Die Rückeroberung des Mondes

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Lunar Race - Die Rückeroberung des Mondes

Lunar Race – Vor ziemlich genau 50 Jahren hat der Mensch zum ersten Mal einen Fuss auf unseren Erdtrabanten – den Mond – gesetzt. Was war das seinerzeit für ein Spektakel, als die Menschheit ihren angestammten Lebensraum zum ersten Mal verlassen konnte und sich auf neues Terrain begab!

Ohne zu wissen, worauf man sich da eingelassen hatten, durften drei mutige Astronauten den waghalsigen Schritt machen und sich buchstäblich in völlig neue Welten katapultieren lassen. Millionen von Menschen verfolgten diesen Aufbruch entweder direkt vor Ort oder vor dem Fernseher. Einige Tage nach dem Start der Mondreise betrat Neil Armstrong als erster Mensch den Mond und begeisterte damit die ganze Menschheit.

Heute, gut 50 Jahre später, schwappt erneut eine Welle der Eroberung auf uns zu.

Lunar Race

Niemand wollte in diesem langen Zeitraum erneut zum fernen Planeten reisen. Obwohl sich die Technik rasant weiterentwickelte, war der Anreiz einfach zu klein. In den letzten Jahren verdichteten sich dann aber hinter vorgehaltener Hand die Gerüchte über neue Vorhaben den fernen Planeten zu bereisen.

Es entstand eine neue Aufbruchsstimmung in Richtung Mond und die breite Bevölkerung wusste zunächst nicht genau warum. Als dann die ersten waghalsigen Aussagen über «Reisen zum Mars» an die Öffentlichkeit drangen, konnte man die Ambitionen zu den Mondbesuchen auch schnell erkennen: Der Mond wäre ja eine gute Ausgangsbasis für Reisen zum Mars. Aber es steckt noch wesentlich mehr dahinter, als man vermuten möchte.

Die grosse Aufbruchsstimmung …

Von der ersten Mondlandung bis zum heutigen Tag haben tatsächlich erst 12 Menschen den Mond betreten. Derzeit laufen aber viele unterschiedliche Programme gleichzeitig, die alle das gleiche Ziel haben: die Neueroberung des Mondes. Glauben Sie aber nicht, dass alle Beteiligten an einem gemeinsamen Strang ziehen.

Genau das Gegenteil ist der Fall. Viele Nationen wie China, die USA, einige europäische Nationen und auch Indien wetteifern um neue Errungenschaften und Ergebnisse rund um den Mond. Als Erstes wagte sich China im Januar 2019 mit einer ersten Mission in Richtung Mond.

Das gesteckte Ziel: die Erkundung der Mond-Rückseite und eine Probenentnahme von der tieferen Mondoberfläche. Ein durchaus ambitioniertes Vorhaben für einen Neueinsteiger.

Lunar Race Mond

Nur kurze Zeit später meldete sich Indien mit einer geplanten Mondmission zu Wort. Das Vorhaben sollte im Juli 2019 starten und den Orbiter Chandrayaan 2 zum Südpol des Mondes befördern.

Das Landemodul hat den Rover Pragyaman Bord, der nach der Landung auf dem Erdtrabanten die Suche nach Wasser aufnehmen soll. Kurz vor dem Start wurde die Mission jedoch abgebrochen, da technische Defekte den Start gefährdeten.

Gut eine Woche später, am 22. Juli 2019, erfolgte dann der zweite Startversuch. Die Trägerrakete konnte nun erfolgreich vom Weltraumbahnhof Satish Dhawan abheben und sich auf die Reise zum Mond machen. Die Landung wird Anfang September erwartet.

Aber auch die Europäische Raumfahrt-Agentur (ESA) ist an einem aktuellen Mondprojekt beteiligt. Zusammen mit dem deutschen New-Space-Unternehmen PTScientists und auch der Ariane-Group hat man sich zu einer gemeinsamen Mondmission geeinigt.

Dabei stellt PTScientists das wichtige Lande- und Navigationsmodul «ALINA» zur Verfügung, welches eine Nutzlast von bis zu 300 kg befördern kann. Die Ariane-Group stellt dann die leistungsstarke Trägerrakete «Ariane-64» zur Verfügung. Die ESA verfolgt dabei einen anderen Ansatz: Die wichtigste Aufgabe wird es sein, Ressourcen auf dem Mond nutzbar zu machen. Im weiteren Verlauf wird eine Mondbasis forciert, die zukünftig auch als Basisstation für abgehende Marsflüge dienen könnte.

und wo bleibt die USA?

Da inzwischen nun einige Nationen mit ihren Projekten entweder schon auf dem Mond sind oder die Reise dorthin, mit Lunar Race geplant, mit  haben, stellt sich die Frage: Wo bleibt der Innovator USA? Es verwundert schon zu sehen, dass sich andere Nationen nun mit Hochdruck am «Lunar-Race» beteiligen. Die USA hingegen ist diesbezüglich derzeit noch im «Energiesparmodus». Bislang hat nur Elon Musk eine klare Zielsetzung kommuniziert.

Er möchte mit seinem Raumfahrtunternehmen SpaceX eine eigene Mission starten. Das Projekt «Starship» soll bereits 2021 eine unbemannte Mission zum Mond durchführen. Die Mission ist Privatsache, die NASA ist hier in keiner Weise involviert.

Lunar Race Raketenstart

Am 2. Mai 2019 hob das Projekt «Spacehopper» vom SpaceX-Startgelände ab. Die Aufgabe dieser Startmission war zwar extrem kurz, aber dennoch äusserst wertvoll. Musk ging es bei diesem Versuch nur um den Test des Starts und der weichen Landung des Mondgefährtes. Die Timeline von Elon Musk sieht nun vor, 2021 eine erste unbemannte Mission zum Mond zu starten.

Eine Landung auf dem Mond mit späterem Start und vollautonomem Rückflug ist das gesteckte Ziel. Und ca. 2 Jahre später, im Jahre 2023, soll SpaceX eine bemannte Mission zum Mond und wieder zurück durchführen. Wir kennen Elon Musk inzwischen gut genug, um zu wissen, dass dieser Zeitplan zwar sehr kurz angelegt ist, SpaceX es aber dennoch schaffen kann. Elon Musk würde es damit gelingen die NASA auszustechen und nach 54 Jahren wieder als bemannte Mission auf dem Mond stehen.

Wo steht eigentlich die NASA in diesem Rennen zum Mond? Nach langer Pause möchte die US-Raumfahrtbehörde zwar auch wieder zum Mond, doch diesmal nicht in Eigenregie. Die NASA hat drei private Unternehmen mit der Projektierung und Durchführung beauftragt. Zum einen ist dies das aus Pittsburgh stammende Unternehmen «Astrobotic».

Es soll einen Mondlander konstruieren, der bis zu 14 Materialtransporte zum Mond durchstehen soll. Als zweites Unternehmen wurde «Intuitive Machines» aus Houston beauftragt, insgesamt fünf Materialflüge zum Mond zu absolvieren. Zu guter Letzt soll auch «Orbit Beyond» aus New Jersey insgesamt vier Materialtransporte zum Mond durchführen. Alle drei Unternehmen sollen dies in den nächsten zwei Jahren erfolgreich abgewickelt haben.

Lunar Race Prestige- oder Wirtschaftsinteressen?

Diese unterschiedlichen und etwas willkürlich wirkenden Mondprojekte könnten allesamt irgendwann in einer gemeinsamen Kooperation münden. Und das sollten sie auch dringend. Denn wenn die Menschheit ihren angestammten Lebensraum langfristig verlassen möchte, wird dies nur bei einer Bündelung aller Erfolge und Erkenntnisse funktionieren können.

Wenn es gelingen würde, die bislang als Priorität gesetzten Prestige- und Einzelerfolge in ein koordiniertes gemeinschaftliches Projekt zu bündeln, würden alle Beteiligten wesentlich schneller vorankommen. Aber derzeit ist China und Indien wohl eher daran gelegen, durchaus respektable Projekte und Erfolge als staatliche und militärische Prestigeobjekte zu deklarieren.

Mondbasis mit Sicht auf die Erde

Aber man darf auch davon ausgehen, dass bei einigen Akteuren bereits das wirtschaftliche Interesse im Vordergrund stehen. Die extrem teuren Mondmissionen müssen zum einen wieder refinanziert werden. Auf der anderen Seite ist es auch ein dringendes Ziel, als Erster auf dem Mond Rohstoffe wie Sauerstoff, Wasserstoff, usw. aus dem Mondgestein «Regolith» zu gewinnen.

Demjenigen dem dies zuerst gelingt winkt die Kontrolle über zukünftige Projekte auf dem Mond. Als erstes Versorgungsunternehmen direkt auf dem Mond könnten künftige Raumschiffe dort komplett zusammengebaut und für den Raumflug zum Mars betankt werden. Dieses Szenario werden wir sicherlich in den nächsten 20 bis 25 Jahren erleben können.

Wer gewinnt das Lunar-Race?

Solch eine Frage kann sich bei diesem Thema durchaus aufdrängen. Aber eigentlich müsste die Antwort lauten: Keiner! und Alle! Denn eines dürfte klar sein: Jede Nation, die an den Missionen zum Mond in irgendeiner Weise teilnimmt, wird am Ende für sich selbst als Gewinner hervorgehen.

Sobald die gesteckten Missionsziele erreicht wurden, folgen neue Zielsetzungen und neue Mondprogramme. All diese Bemühungen der einzelnen Teilnehmer werden unweigerlich zum grossen Ganzen führen: Zur Besiedlung des Mondes, um sich auf fernere Reiseziele optimal vorbereiten zu können.

Auf der anderen Seite zeigt der Run auf den Mond auch knallharte technische und wirtschaftliche Interessen. Unser Erdtrabant muss für künftige Raummissionen als strategischer Stützpunkt genutzt werden. Eine Mondbasis als Raumschiff-Dock und Trainingsort für Missionsteilnehmer ist dabei nur ein kleiner Baustein.

Der Mond muss uns als Plattform für künftige Raumflüge Lunar Race und extraplanetare Missionen dienen. Ein weiterer Baustein ist die Nutzung des Mondes für verschiedene Observatorien und Versuchsanordnungen. Gerade die Mondrückseite wäre hierfür ideal geeignet, ist sie doch weitgehend von den Störquellen unserer eigenen Erde abgeschirmt.

Und wer weiss, vielleicht können wir in weniger als zehn Jahren bereits ein etabliertes Shuttle-System zwischen Mond und Erde bestaunen. Richard Branson, britischer Multi-Milliardär und Universalgenie arbeitet mit seinem Raumfahrtunternehmen Virgin Galactic bereits an ersten Ausflügen in Richtung Mond und wieder zurück. Da wäre der nächste Schritt zu einem mondorbitären Hotel mit Shuttle-Andockrampen gar nicht mehr so weit entfernt. Wer daran in hohem Masse interessiert ist, sollte besser jetzt schon mit dem Sparen für eines der begehrten Flugticket beginnen.

Autor: Volkmar Großwendt [vg]

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