Jan Kuck: Was macht die Kunst eigentlich?

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Was macht die Kunst? Jan Kuck @work
Was macht die Kunst eigentlich? Jan Kuck beantwortet diese Frage mit seinen Werken immer wieder aufs Neue.

Was macht die Kunst eigentlich und wofür ist sie da? Kapitalismus und Kunst werden oftmals als sich ausschliessende Gegensätze wahrgenommen und nur wenigen Künstlern gelingt es, beide Elemente so in Verbindung zu setzen, dass sie davon leben können. Einer davon ist der aufstrebende Künstler Jan Kuck aus Deutschland, der mit seinen frischen Ansätzen und Neons internationale Aufmerksamkeit erregt. Wir haben uns mit ihm über die Frage: “Was macht die Kunst?” und viele weitere unterhalten.

Lieber Herr Kuck, Sie selbst sind ja studierter Philosoph – lassen Sie uns daher gleich philosophisch beginnen “Was macht die Kunst und was ist ihre Bedeutung?” und “Was darf sie eigentlich?”

Mit meiner Kunst möchte ich bei den Menschen einen Nerv treffen.
Einen Nerv treffen heisst aber auch, dass man nervt, vielleicht sogar bis zur oder über die Schmerzgrenze hinaus. Kunst kann und muss auch immer wieder weh tun, zumindest wenn sie den Anspruch hat, relevant zu sein. Schmerz allein ist jedoch banal und führt schnell zu eindimensionaler und krawalliger Aktionskunst. Für mich muss Kunst vor allem auch Lust, Überraschung und einen scharfen Witz enthalten. Ich möchte die Besucher emotional berühren, zum Lachen und zum Nachdenken bringen. Dass sie reflektieren und hin und her geworfen werden. Dass meine Kunst sie emotional wie intellektuell berührt und etwas in ihnen auslöst.

Wie sieht der Alltag eines Künstlers aus? Und was macht die Kunst mit Ihnen?


Den Alltag eines Künstlers kann man einfach nicht verallgemeinern. Nicht mal meinen eigenen.
Mein Tag hängt sehr davon ab, woran ich gerade arbeite und in welchem Stadium sich die Arbeit befindet. Neben den profanen aber notwendigen Dingen, besteht der Tag bei mir aber immer aus viel lesen, bewusstem und unbewusstem Reflektieren, am Schreibtisch und am Computer zeichnen und schreiben und viel Kommunikation, also E-Mails verfassen und beantworten sowie telefonieren. Und wenn ich gerade physisch an einem Werk arbeite, dann verbringe ich viel Zeit im Studio, erstelle beispielsweise Gussformen und arbeite mit diversen Materialien. Sollte ich keine frühmorgendlichen Termine habe, arbeite ich am liebsten Spätabends und Nachts, da ich diese Zeit einfach liebe und dann im Kopf die Freiheit habe, um auf neue Gedanken zu kommen.

Es ist aber leider nicht so, dass ich mich den ganzen Tag (oder die ganze Nacht) der Kreativität hingeben kann. Wie gesagt, ein nicht kleiner Teil des Tages besteht aus schrecklich profanen Dingen, die einfach gemacht werden müssen, wenn das Rad des Lebens laufen soll.

Ausserdem ist Künstlersein in erster Linie ein Job mit dem ich meinen Lebensunterhalt bestreite. Ein Job, mit dem ich mich identifiziere und der für mich alternativlos ist, aber oft auch anstrengend und aus vielen Momenten grosser Ungewissheit und nicht minder starkem Druck besteht. Da unterscheidet sich mein Tag nicht gross von denen anderer Menschen. Ausser vielleicht, dass man als Künstler ein erwachsenes und diszipliniertes und zugleich neugieriges und ungezügeltes Kind sein muss. Das macht den Alltag oft nicht einfacher, aber sicher spannender.

Wie schaffen Sie die Verbindung zwischen Kapitalismus und Kunst? Beeinflusst Sie der Gedanke, ein Werk verkaufen zu müssen bei der Erstellung des Werks?


Wenn man als Künstler in der schönen Lage ist, dass die eigenen Werke regelmässig verkauft werden, ist diese Gefahr nicht von der Hand zu weisen. Wenn man bereits im Entstehungsprozess an die Verkaufbarkeit denkt, würde man sich nur langweilig wiederholen oder einer fremden Vision hinterherlaufen. Das kann zwar eine Zeit lang funktionieren, ist für mich aber absolut keine Option.


Dennoch ist der Markt wichtig, aber wirklich erst dann, wenn die Idee zum Werk bereits ein festes Fundament hat. Wenn das steht, kann der Gedanke an den Markt eine sehr gute Kontrollinstanz sein, er darf aber niemals die eigene Motivation bestimmen.
Man sollte sich auch klarmachen, dass es eines der Privilegien der Kunst ist, dass man etwas erschaffen kann und sogar muss, das wirklich frei ist, damit es überhaupt wirken kann. Allerdings muss diese Freiheit finanziert werden, womit man schnell vor einem Konflikt steht. Diesen kann man nur lösen, wenn man bei mindestens einer Galerie und/oder Agentur unter Vertrag kommt. Auf diese Weise kann man seinen Hauptfokus auf das Erschaffen von Kunst legen. Diesen Idealzustand sollte man zumindest anstreben, auch wenn man ihn sicher niemals ganz erreichen wird.

Foto by Olaf Wiehler

Wie unterscheidet sich der Kunstmarkt von anderen Märkten?


Der Kunstmarkt ist sicher schwerer zu berechnen und viel willkürlicher, als der von emotionsbefreiteren Märkten. Wenn man Kunst kauft, kauft man mehrere Gefühle, Inspirationen, mehr Fragen als Antworten, (manchmal nur den Anschein von) Intellektualität, Geschmack und Individualität. Und natürlich einen monetären Wert, der im besten Falle steigt und damit eine rentable Wertanlage darstellt. Das ist nicht unwichtig, sollte aber beim Kunstkauf eher nachrangig sein. Denn der Wert eines Kunstwerkes ist sehr vielschichtig und kann durch Geld nur sehr bedingt ausgedrückt werden.
Reine Spekulationskäufe dagegen sind so riskant wie langweilig, aber natürlich auch ein Teil des Kunstmarktes. Allerdings ist dieser in Wirklichkeit viel kleiner, als es in den Medien oft kolportiert wird.

 

Was sind Ihre Erfolgsfaktoren bzw. was muss ein Künstler mitbringen, um am Markt erfolgreich zu sein?


Das kann man, zumindest seriös, nicht pauschal beantworten. Wichtig ist in jedem Fall, dass man das, was man macht, deutlich ernster nimmt als die eigene Person. Sie ist natürlich auch wichtig, aber das Werk sollte immer viel wichtiger sein, denn es bleibt auch nach dem eigenen Tod bestehen. Ausserdem hilft einem diese Einstellung mit dem schwindelerregenden Wechsel aus Höhen und Tiefen umzugehen. Denn jeder, der ernsthaft den Weg des Künstlers geht, wird eine Achterbahn erleben. Besonders am Anfang ist man selbst immer wieder der einzige, der an das Ergebnis glaubt.
Umso mehr muss man die Fähigkeit entwickeln, mit anderen zusammenzuarbeiten, um nicht dem Irrglauben des genialen Einzelgenies zu verfallen. 

Grosse Kunst kann nur durch das Zusammenspiel von vielen Personen entstehen, die man als Künstler koordinieren muss. Diesen Idealzustand sollte man zumindest anstreben, auch wenn man ihn vielleicht niemals ganz erreichen wird. Ich hatte durch viel Arbeit das Glück, dass mich 2014 Isabel Bernheimer mit ihrer Künstleragentur und Galerie Bernheimer Contemporary unter Vertrag genommen hat und sie (auch durch ihre Partnergalerien wie die Berliner Bermel von Luxburg Gallery für mich einen Großteil der administrativen Aufgaben übernimmt. So kann ich Kunst machen, ohne dass die Gedanken an das Finanzielle meine Kreativität rauben.

Vor allem darf man keine Angst vor Angst haben und sollte sie daher in der Arbeit kanalisieren. Denn nur wenn man bereit ist, immer wieder über die eigene Erschöpfung hinaus zu arbeiten, hat man das notwendige Glück, das man für den Erfolg benötigt. 

 

Wie wichtig ist eine professionelle Vertretung am Kunstmarkt? 

 

Wie ich zuvor schon gesagt habe, ist es für einen langfristigen und nachhaltigen Erfolg unabdingbar, dass man eine für sich passende Vertretung findet. Meistens ist dies eine Galerie oder seltener eine Agentur. Aber wofür man sich auch entscheidet, man bekommt damit zum einen ein wichtiges Gütesiegel. Zum anderen wird einem zum grossen Teil die anstrengende Arbeit des reinen Verkaufes abgenommen. Es werden einem Türen geöffnet (durch man immer selbst gehen muss). Es gilt also in vielfacher Hinsicht das Motto, dass man mit anderen zusammenarbeiten muss und niemals überheblich oder unantastbar werden sollte.

 

Foto by Olaf Wiehler

 

Was sind Ihre Ziele in den nächsten Jahren?


Für die kommenden Jahre habe ich generelle und konkrete Ziele. Generell möchte ich noch mehr im Ausland, in Institutionen und im öffentlichen Raum ausstellen. Vor allem möchte ich Werke schaffen, die sicher nicht durchgehend angenehm sind, aber eine Relevanz besitzen, die das Publikum inspirieren und etwas auslösen. Am liebsten widersprüchliche Emotionen und Gedanken. Als Künstler hat man eine Verantwortung für die eigene Gesellschaft und sollte sich nicht hinter einem schönen Schein verstecken. Deshalb ist es mein Ziel, noch viel mehr Menschen zu erreichen und sie (genauso wie mich) zu reflektieren, denn nur wenn man mit sich selbst konfrontiert wird, wird man sich selbst bewusst und kann an sich arbeiten.
Konkret bereite ich gerade mehrere Ausstellungen vor, in denen neben meinen Neonschriften auch wieder mein Lichtteppich ARACHNE gezeigt wird. Beides, die Neonschriften und die Lichtteppiche möchte ich weiterentwickeln, aber auch meine raumgreifenden Installationen im Innenraum umsetzen. Ich plane, die Burning / Glowing Water Installations in den kommenden Jahren in mehreren Städten auf der ganzen Welt zu realisieren.

 

Zum Künstler:

Jan Kuck ist ein deutscher Künstler, der vor allem durch seine aufsehenerregenden Neon-Kunstwerke internationale Bekanntheit erzielt hat. Er wird von der renommierten Bernheimer Contemporary Agentur vertreten. Etliche öffentliche Ausstellungen, Galerievertretungen und Auftritte in den Medien haben ihn zu einem der gefragtesten Künstler in Europa gemacht. Auf seinem Instagram-Account “jan.kuck.art” lässt er seine Community an seinem Schaffen regelmässig teilhaben.