Die Zukunft der Wissenschaft in Europa denkt und plant global
Martin Pohl, Wissenschaftler der Universität Genf, kann schon vieles an der Grösse und weltweiten Bedeutung des CERN ablesen. Der Autor dieses Artikels spricht über eine neue Strategie für die Europäische Teilchenphysik. Ehrgeizige Pläne brauchen ein langfristiges Denken.
Teilchenphysik ist Big Science, eine Tatsache, die man schon an der Grösse und weltweiten Bedeutung des CERN ablesen kann. Die Zukunft dieser Wissenschaft ist deshalb global zu denken und zu planen. Ausserhalb Europas sind die wesentlichen Spieler die USA, China und Japan. Im multinationalen und multikulturellen Europa ist mit CERN eine beispielhafte Organisation entstanden, die die Zusammenarbeit innerhalb Europas koordiniert. CERN wird von einem Rat geleitet, in den alle Mitgliedstaaten gleichberechtigt je einen Vertreter ihrer Wissenschaftler und einen ihrer Regierung entsenden. Während sich die Beiträge zum Budget der Organisation nach der Wirtschaftsleistung richten, sind alle Mitgliedsstaaten bei Entscheidungen gleichberechtigt. Wo immer möglich versucht der Rat, Entscheidungen im Konsens zu fällen.
Im Jahre 2006 hat der CERN-Rat in Anerkennung der koordinierenden Rolle des CERN einen neuen unabhängigen Prozess ins Leben gerufen und die sogenannte European Strategy Group beauftragt, zusammen mit der wissenschaftlichen Community Leitlinien für die mittel- und langfristige Entwicklung der Teilchenphysik in Europa zu erarbeiten. Ein erstes Dokument von 2006 und ein Update im Jahre 2013 standen verständlicherweise ganz im Zeichen der weltweit grössten Beschleunigeranlage, des Large Hadron Collider (LHC) am CERN. Im Jahre 2012 hatten die Experimente ATLAS und CMS am LHC den letzten fehlenden Baustein im gegenwärtigen Standardmodell der Teilchenphysik entdeckt, das Higgs-Boson, das für die Masse der elementaren Teilchen verantwortlich ist. Seitdem wird nach neuen Phänomenen und Abweichungen vom Standardmodell gesucht. Der Collider hat nunmehr seine Maximalenergie erreicht. Der Ausbau des LHC hin zu grösseren Intensitäten der Teilchenstrahlen ist auf gutem Wege. Es ist vorgesehen, dass die Anlage bis weit in die 2030er Jahre einmalig wertvolle Daten liefern wird.
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