SpaceX Starlink

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SpaceX Starlink

Elon Musk macht in regelmässigen Abständen immer wieder auf sich aufmerksam und das auch nicht zu knapp. Die unterschiedlichen Meldungen gründen offensichtlich auf seinen teils genialen Ideen, die er zumeist auch in die Tat umsetzt. Mit seinem Projekt «Starlink» möchte Elon Musk mit seinem Weltraumunternehmen SpaceX nun insgesamt 12’000 kompakte Satelliten in der Grösse eines Kleinwagens ins All schiessen. Alle zusammen bilden dann das Starlink-Netzwerk und können nahezu jeden Quadratmeter auf unserem Planeten mit High-Speed Internet versorgen. Musk peilt hierzu das Jahr 2025 für die Komplettierung des Netzwerkes an. Ab 2021 soll zumindest schon ein Teilbetrieb freigegeben werden. Die ersten 60 Satelliten sind bereits in geostationärer Position und helfen beim Testlauf von Starlink.

50% der Menschen haben keinen Zugang zum Internet – SpaceX ändert dies

Wenn man bedenkt, wie viele Menschen auf unserem Planeten noch keinen Internetzugang haben, klingt das Projekt zunächst wie ein Segen von «höherer» Stelle. Gut 50% – also immerhin die Hälfte der Menschheit – haben technisch gesehen derzeit keine Möglichkeit, auf das Internet zugreifen zu können. Auf der anderen Seite drängt die europäische Kommunikationsindustrie gerade die 5G-Technologie auf den Markt. Bis diese jedoch komplett und flächendeckend verfügbar sein wird, dürften wohl noch einige Jahre vergehen. Selbst hier in der Schweiz wurde unlängst das 5G-Projekt im Raum Genf bis auf weiteres komplett auf Eis gelegt. Hier hatte die Bevölkerung wegen der noch ungeklärten gesundheitlichen Risiken gegen den 5G-Ausbau aufbegehrt und konnte sich dank ihrem grossen Widerstand auch erfolgreich durchsetzen.

Massive Kommunikationsphalanx in Erdnähe

Um sein Projekt Starlink zu etablieren, schoss SpaceX bereits im Februar 2018 eine Falcon-9-Rakete mit 2 Testsatelliten ins All. Still und leise hatte der Raketenstart eigentlich eine andere Mission mit einem spanischen Beobachtungssatelliten «Pax» zu erledigen. Fast unbemerkt positionierte SpaceX jedoch die beiden Satelliten «Microsat-2a» und «Microsat-2br» in einer erdnahen Umlaufbahn. Die beiden Testgeräte sollen auf unterschiedlichen SpaceX sicht auf Erdeenzen mit einer Bodenstation kommunizieren und erste Ergebnisse liefern. Nach diesem ersten Schritt zündete Elon Musk nun im Mai 2019 die zweite Stufe des Projektes. Mit 60 Satelliten an Bord startete eine Falcon-9-Rakete in den Orbit, um diese Testserie in Position zu bringen.

SpaceX – Bedenken der Community

Nach dem Aussetzen in der Umlaufbahn benötigten die Satelliten noch etwas Zeit, um sich exakt zu positionieren. Es gab zudem einen grossen Aufschrei in der Community der Astronomen und Wissenschaftler. Der Grund: Alleine schon diese ersten 60 Satelliten sind am Himmel ungewöhnlich hell und dadurch mit blossem Auge zu erkennen. Die Solarsegel zur Energiegewinnung reflektieren in hohem Masse das Sonnenlicht auf die Erde. Man kann sich gut vorstellen, dass diese Armada auch die wichtigen interstellaren Beobachtungen massiv stören wird. Um sich eine Vorstellung über die Auswirkungen machen zu können, hat ein niederländischer Hobby-Astronom die Satelliten auf ihrer Umlaufbahn gefilmt. Das wirklich imposante Video finden Sie auf Vimeo(1).

SpaceX Starlink objects train 25 May 2019 pass 2 (23:50 UT) from Marco Langbroek on Vimeo.

Zudem hat nun auch die Internationale Astronomische Union (IAU) massive Bedenken zu diesem Projekt geäussert. Zum einen bemängeln sie die Satelliten ebenso als viel zu helle Objekte am Nachthimmel. Diese können und werden die wichtigen stellaren Beobachtungen massiv stören oder gar gänzlich verhindern. Die Objekte sind in der Nacht teils deutlich und hell erscheinend mit dem blossen Auge zu erkennen. Auf der anderen Seite kann die von den an Bord installierten Sendern ausgehende starke Radiofrequenz die ebenso empfindlichen radioastronomischen Empfänger auf der Erde erheblich beeinflussen. Dies sind nicht unerhebliche Störungen, die das Starlink-Projekt bereits jetzt auf der Erde auslöst. Wie mag sich dies dann wohl in der vollen Ausbaustufe mit 12’000 Satelliten verhalten?

Gigabit-Internet aus der Umlaufbahn

Grundsätzlich ist gegen das ambitionierte Projekt von Elon Musk ja auch nichts einzuwenden. Der Aufwand hierfür ist jedoch immens und die Zahlen hierzu beeindrucken dann doch. Insgesamt möchte SpaceX ca. 12’000 Einzelsatelliten in die Umlaufbahn bringen. Diese Sender fliegen dann in unterschiedlichen Höhen: Etwa 4’500 Sender sollen in einer Höhe von ca. 1’100 Kilometern die Erde umkreisen. Weitere 7’500 Satelliten ziehen ihre Kreisbahn jedoch wesentlich tiefer in einer Höhe von «nur» 300 Kilometern. Diese Zahlen mögen derzeit nicht wirklich greifbar erscheinen. Um einen direkten Vergleich zu bekommen, müssen Sie wissen, dass derzeit «nur» ca. 1’800 aktive Satelliten unseren Planeten umkreisen. SpaceX möchte also fast die siebenfache Menge zusätzlich in einer Kreisbahn um die Erde installieren.

SpaceX und die Folgen für Otto-Normalverbraucher

Wenn das Starlink-Projekt im Jahre 2025 dann auch komplettiert ist, werden die Internetbenutzer auf einen Datendurchsatz von ca. 10 GBit/s zurückgreifen können. Das mag dem einen oder anderen Leser nun als vergleichsweise sehr «mager» erscheinen. Man sollte aber hier nicht vergessen, dass diese Datenraten dann auch «weltweit» – also an jedem beliebigen Ort der Welt – zur Verfügung stehen. Als Gegenargument könnte man nun die aktuelle und erdgebundene Funktechnologie heranziehen. Diese ist aber lange nicht flächendeckend und schon gar nicht in allen Ländern verfügbar. Zudem möchte Musk ja auch wirklich «alle» Menschen und ortsunabhängig mit dieser hohen Datenrate versorgen.

Ein weiteres und sehr technisches Argument für Starlink könnte die sehr geringe Latenzzeit sein. Hierunter versteht man die Verzögerung der Funksignale zwischen dem Sender und dem Empfänger auf der Erde. Je geringer diese Verzögerung ist, umso schnellere Datenübertragungen werden möglich. Aus diesem Grund werden die Starlink-Satelliten auch in einer vergleichsweise «sehr niedrigen» Umlaufbahn gehalten. Auch bei erdgebundenen Glasfaser-Übertragungen hat man mit Verzögerungen bei der Übertragung zu kämpfen. Bedenkt man zusätzlich, dass im Durchschnitt und weltweit derzeit nur 1 GBit/s im Glasfasernetz verfügbar sind, erscheint das Gigabit-Internet aus dem All mit seiner 10-fachen Leistung durchaus relevant.

Das Space-Race im Orbit

Wer nun glaubt, dass Elon Musk wieder einmal ein geniales Projekt mit Alleinstellungsmerkmalen geschaffen hat, liegt zumindest nicht ganz richtig. Neben Musk haben auch andere milliardenschwere Unternehmen wie Amazon den Fuss in der Tür zum «Internet aus dem All». Jeff Bezos möchte mit seinem Projekt «Kuiper» gleiche Pfade betreten. Mit knapp 3’300 Satelliten will Amazon ein ähnlich ambitioniertes Ziel verfolgen und die Menschen mit schnellem Internet aus dem All versorgen. Durch die geringere Anzahl an Sendern erscheint eine flächendeckende Versorgung jedoch fast unmöglich. Eine genaue Timeline möchte Bezos noch nicht vorstellen, steht aber eigenen Angaben zufolge bereits vor dem ersten Schritt ins All.

Neben Elon Musk und Jeff Bezos stehen aber auch noch andere Anbieter in den Startlöchern. Einer dieser Anbieter ist OneWeb, das aus dem Betreiber Arianespace und einem Verbund mehrerer Investoren und Unternehmen besteht. Die Gruppe umfasst bekannte Brands wie Virgin Qualcomm, SoftBank, Intelsat und Hughes Networks Systems. Zu den Investoren zählen namhafte Titel wie Airbus, Coca-Cola und die Virgin-Goup des britischen Milliardärs Richard Branson. Sie möchten mit insgesamt 640 Satelliten ein weltumspannendes Netzwerk für schnelles Internet schaffen. Im Februar 2019 wurden hier bereits die ersten 12 Testgeräte ins All geschickt und sind für flächendeckende Testversuche online.

Weitere Konkurrenz im Space-Race zum «Internet aus dem All» entsteht durch zusätzliche Interessenten wie Telesat Kanada oder auch LeoSat Enterprise. Auch sie arbeiten an extraterrestrischen Datennetzwerken mit mehreren hundert oder tausend Satelliten. Man möchte sich dann nicht vorstellen, welches Gedrängel dann dort im Erdorbit entstehen wird. Und jeder Satellit ist zugleich ein potenzielles Absturzobjekt. Was jedoch die wenigsten von Ihnen wissen dürften: Es gibt bereits ein Unternehmen mit aktiver Netzwerkversorgung aus dem All. Das Unternehmen Iridium Certus verkauft seine durch Satelliten realisierte Netzwerkdienste jedoch nicht an Privatpersonen. Das US-Unternehmen stellt seine Technologie in erster Linie der See- und Luftfahrt zur Verfügung.

SpaceX: Wie geht es weiter?

Nachdem nun bereits verschiedene Anbieter mit Internet-Diensten aus dem All werben, stellen sich uns Nutzern doch noch einige Fragen. Wann werden diese Netze einsatzbereit und verfügbar sein und mit welchen Anbietern und Preisen haben wir dann zu rechnen? Wie stabil sind die Datenverbindungen von den Satelliten und wer hört hier eigentlich alles mit? Können die Datenraten und eine sichere Übertragung eigentlich garantiert werden? Hunderte weitere Fragen gilt es zu klären und dann stellt sich am Ende noch eine ganz wichtige Frage: Macht das Internet aus dem All bei der rasant fortschreitenden Entwicklung leistungsstarker erdgebundener Funknetze überhaupt noch einen Sinn?

SpaceX und Europa

Nun, zumindest für uns Europäer stellt sich die letzte Frage mit hoher Relevanz. In vielen Ländern wie der Schweiz, Österreich, Deutschland, Frankreich und den skandinavischen Partnern wird massiv am technologisch neuen 5G-Netz gearbeitet. Mit dieser Technologie – sofern sie denn auch zügig eingeführt und angeboten wird – haben wir grossflächigen Zugriff auf vergleichsweise hohe Datenraten und stabile Verbindungsstrecken. Rein technisch ist bei 5G eine Datenrate von bis zu 10 GBit/s ohne Probleme realisierbar. Durch Network-Slicing stehen zudem verschiedene Diensteschichten und Sicherheitsebenen für unterschiedliche Anwendungen parallel zur Verfügung.

Fazit zum Thema SpaceX und Co.

Man sollte nicht vergessen, dass in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die Entwicklung der Netzwerktechnologien nicht stehen bleiben wird. Auf ein aktuelles 5G-Netzwerksystem wird sicherlich ein 6G oder eine gar gänzlich andere Technologie folgen. Nur eines darf man aus heutiger Sicht nicht übersehen: Immerhin haben rund 50% der Menschen auf der Erde «überhaupt keinen Zugang» zu Internet oder vergleichbaren Diensten. Diese Menschen können von Starlink und den anderen Projekten profitieren. Zumindest, wenn die Preise derart gestaltet werden, dass sich diese Nutzergruppe das auch wirtschaftlich leisten kann. Ob sich dies dann auch wirtschaftlich auszahlen wird, bleibt abzuwarten.

Autor: Volkmar Großwendt [vg]

 

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