KI – Assistenzsysteme

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KI - Assistenzsysteme

Eines der grossen Zukunftsthemen in 2018 war sicherlich der Einsatz von KI-Assistenzsystemen (künstlicher Intelligenz) in allen erdenklichen Bereichen unseres Lebens. Bei vielen löst der Begriff jedoch Unbehagen aus, andere wiederum verstehen die Thematik grundsätzlich nicht. Das liegt zum einen womöglich in der vielseitigen Verwendbarkeit, andererseits wird mit den Begriffen «künstlich» und «Algorithmen» eher etwas Ungestümes verbunden. Tatsache ist jedoch, dass ein Einsatz von KI-Assistenzsystemen in der Medizin enorme Vorteile birgt und viele Tätigkeiten im hohen Masse von der enormen Leistungsfähigkeit profitieren können. Einer dieser Bereiche ist die Labormedizin.

Was würden Sie sagen, wenn der Einsatz eines KI-Systems erheblich zur Früherkennung von Krankheiten beitragen kann? Oder, wenn die Entwicklung von Medikamenten durch künstliche Intelligenz erheblich sicherer und vor allem schneller stattfinden kann? Wie fänden Sie es, wenn durch leistungs- und lernfähige Algorithmen die Verschreibung von Medikamenten reduziert und gleichzeitig gezielt und hoch wirksam auf den Patienten zugeschnitten werden kann? Zu all diesen Fragen möchten wir Ihnen im folgenden Artikel entsprechendes Wissen und Informationen an die Hand geben. Kommen Sie mit auf eine spannende Reise in einen wichtigen Teilbereich der KI-Systeme.

Was ist ein KI-Assistensystem eigentlich?

Die erste logische Frage an dieser Stelle ist schnell und einfach erklärt. Ein KI-System verwendet speziellen Computercode – sogenannte Algorithmen – um ein bestimmtes Ergebnis zu berechnen und zu erhalten. Das kann zum einen eine für Menschen stupide Auszählung von hunderttausenden Fragebögen sein, oder eben auch eine tiefgreifende Analyse eines Blutbildes. Bei letzterem kann das System dann auch eine riesengrosse Datenbank befragen, ob bestimmte Blutwerte in einem anderen Zusammenhang wie beispielsweise seltenen Krankheiten stehen. Auf diese Weise kann ein KI-System einen Arzt bei einer sehr exakten Diagnose aktiv und wirkungsvoll unterstützen.

Wann immer ein grosser Datenbestand auf bestimmte Ereignisse oder Querverbindungen zu analysieren ist, kann ein entsprechend programmiertes KI-System hier eine enorme Hilfe darstellen. Der eigentlich irreführende Begriff
«KI» bezeichnet lediglich die versuchsweise Nachbildung einer menschlichen Intelligenz. Das menschliche Gehirn und die daraus resultierende intelligente Funktionsweise ist jedoch zu wahren Wunderleistungen fähig. Diese Komplexität nachbilden zu wollen, ist zumindest aus heutiger Sicht nicht möglich. Aber, mit dem Einsatz «lernfähiger» Systeme steigen die Chancen und Möglichkeiten dahingehend enorm. Und genau diesen Umstand macht sich beispielsweise die Labormedizin zu nutze.

Hocheffizienter Einsatz in der Labormedizin

KI in der Labormedizin

Ein zunehmend wichtiges Einsatzfeld von künstlicher Intelligenz ist der Bereich der Labormedizin. Wenn ein Labormediziner eine Blutprobe auf die Anzahl der weissen Blutkörperchen hin prüfen soll, so ist diese Aufgabe sehr aufwändig und fehleranfällig. Wird diese Prüfung jedoch einem bildauswertenden System mit einem KI-Algorithmus übergeben, so kann die Blutprobe in einem Bruchteil der Zeit und zu 99,5% fehlerfrei ausgewertet werden. Eine zusätzliche Gegenprüfung durch einen Laboranten kann dann auch das letzte Quäntchen an Sicherheit garantieren. Eine extrem hocheffiziente Anwendung von KI-Systemen sehen wir in zunehmendem Masse bereits bei der Auswertung von Langzeit-EKG’s (Elektro-Kardiogramm – Aufzeichnung von Herzrhythmen). Alleine bei einem 24-Stunden EKG fallen derart umfangreiche Daten an, dass ein Arzt mehrere Stunden mit der dann zumeist fehleranfälligen Auswertung beschäftigt ist. Lässt man diese Datenmengen jedoch von einem KI-System automatisiert auswerten, kann dieses markante Auffälligkeiten protokollieren, mit anderen Werten auch quervergleichen und erste Diagnosen erstellen. Die Zeitersparnis ist enorm.

Früherkennung mit Algorithmen der KI-Assistenzsysteme

Der nächste spannende Einsatzbereich von künstlicher Intelligenz ist die Früherkennung in der klinischen Medizin. Hier können beispielsweise mehrere Laborergebnisse, Diagnosen, Medikationspläne und Auffälligkeiten zu einem Patienten in ein Computersystem übertragen werden. Ein entsprechender Algorithmus prüft dann alle vorhandenen Daten auf Querverbindungen, Abhängigkeiten, mögliche Konflikte oder versteckte, vorerst unauffällige Symptome. Am Ende der Auswertung entsteht ein hochqualifizierter Diagnosebericht, den ein «menschlicher» Arzt in dieser Form und Qualität gar nicht erstellen könnte. Dabei spielt das KI-System seine Lern- und Analysefähigkeit voll aus.

KI kann bei der medizinischen Früherkennung entscheidend sein

An der Schweizer Universitätsklinik Balgrist wird seit 2018 eine neue Lösung für die MRI-Analyse – basierend auf Deep Learning und KI-Einsatz – erfolgreich angewendet. Hier werden die Ergebnisse von MRT- (Magnet-Resonanz- Tomografie) und MRI- (Magnet-Resonance-Imaging – Bilderzeugende Magnetscans) Untersuchungen digital gespeichert und analysiert. Hiermit kann das KI-System bereits selbst auf Auffälligkeiten hinweisen und Therapiemöglichkeiten erstellen.

KI-Assistenzsysteme an der deutschen Heidelberger-Universität

Auch an der deutschen Heidelberger-Universität wird ein spezielles KI-System im klinischen Bereich der Dermatologie eingesetzt. Das System scannt die Haut eines Patienten und kann ein Krebs-Melanom von einem Muttermal unterscheiden. Die Trefferquote bei der Auswertung von mehr als 100.000 Aufnahmen lag hier bei 95%.Wenn nun mehrere dieser Systeme Ihre Daten in die Cloud (netzwerkbasiertes Speichernetzwerk) schicken, so kann ein durch Deep-Learning trainiertes neuronales System eine weitreichende Datenauswertung zu einem Patienten erzeugen. So kann eine MRT-Diagnose mit einem EKG und der Blutprobe verglichen und dahingehend übergreifend ausgewertet werden. Hierzu sind die Ärzte in dieser Tiefe und Geschwindigkeit erst einmal nicht im Stande oder nur mit enormem Aufwand, langjährigem Praxiswissen und viel Zeit.

Präzise Diagnostik durch pure Rechenpower der KI-Assistenzsysteme

Präzise Diagnostik durch pure Rechenpower

Ein prominentes Beispiel für den Einsatz von KI-Systemen in der Medizin ist der Bereich der Blinddarm-Diagnostik. Um eine Blinddarmentzündung feststellen zu können, muss ein Arzt auf nicht weniger als 15 unterschiedliche Symptome achten. Zusätzlich sind Quersymptome mit Magen, Nieren und Bauchraum-Entzündungen zusätzlich zu beachten. Somit ist eine relativ einfache Blinddarmentzündung vergleichsweise schwer und präzise zu diagnostizieren. Hier kann ein System mit künstlicher Intelligenz schnell und effizient helfen. Wenn alle vorliegenden Parameter aus einer umfänglichen Anamnese des Patienten vorliegen, zudem noch Urin- und Blutproben durchgeführt werden, so kann ein entsprechender Algorithmus eine zielführende und präzise Diagnose erstellen. Das kann durchaus einen Grossteil an operativen Eingriffen einsparen und damit den Patienten und nicht zuletzt auch das Budget schonen.

Die amerikanische FDA (Food and Drug Administration) verfügt beispielsweise über ein extrem leistungsfähiges KI-System mit dem Namen «Osteodetect». Dieses System kann bestimmte und schwer diagnostizierbare Knochenbrüche oder Knochenrisse erkennen. Ein weiteres dient zur Erkennung von Augenleiden und mit einem dritten System ist inzwischen auch die Früherkennung von Diabetes möglich. Allen Systemen gemeinsam ist die Tatsache, dass hier eine Unmenge an Daten erhoben und verarbeitet werden müssen. Hierzu sind entsprechend leistungsfähige Systeme nötig und es gilt die Devise: Je mehr Leistung, desto schnellere und präzisere Diagnosen.

Mit reiner Rechenpower alleine ist es aber leider nicht getan. Die PC-Systeme oder Rechenzentren müssen ausfallsicher und hoch vernetzt sein. Speziell das Thema Netzwerk ist oftmals ein Flaschenhals bei der Auswertung von Daten. Weitere wichtige Parameter sind das Thema «Datensicherheit» und Langzeitspeicherung. Je mehr medizinische Daten aus einem optimaler Weise längeren Zeitraum zu einem Patienten vorliegen, umso präziser werden die Diagnosen eines KI-Systems ausfallen.

KI-Assistenzsysteme: Euphorie oder Zurückhaltung angebracht?

Überschwängliche Euphorie oder Zurückhaltung

Bei all dieser Technik und den fortschrittlichen Systemen bleibt zumeist eine wichtige Frage noch unbeantwortet. Wie stehen die Patienten zu solchen teils auch futuristisch anmutenden Anwendungen? Dass diese Frage mehr als gerechtfertigt ist, zeigen verschiedene Studien zum Thema. Eine Studie vom bekannten Technologieberater Bearing Point vom Juli zeigt deutlich, dass sich 63% aller Befragten gegen den Einsatz von Computer und künstlicher Intelligenz sowie den Einsatz von Pflegerobotern aussprachen.

Auch der Feature Health Index sorgte mit einer Studie aus 2017 in 19 unterschiedlichen Ländern – unter anderem auch in der Schweiz – für klare Ergebnisse. Ca. 10% der Teilnehmer sind gegen eine KI-gestützte Gesundheitsversorgung, 15% hingegen können sich einen Einsatz in medizinischen Call-Centern jedoch gut vorstellen. Erstaunlich ist dabei der Anteil von mehr als 25% der Teilnehmer. Sie sprachen sich für den vermehrten Einsatz an Gesundheitstrackern (Fitness-Armbänder, Pulsmesser etc.) aus. 20% der Befragten wünschen sich sogar intelligente Apps, die man bei Gesundheitsproblemen zur Selbstdiagnose konsultieren kann.

Insgesamt ist also eine eher noch zurückhaltende Einstellung bei den Menschen zu erkennen. Viele Patienten wissen jedoch oftmals gar nicht, dass selbst bei einer Standard-Untersuchung in einer grösseren Klinik eventuell schon KI-Systeme zur Diagnose angewendet werden. Es gibt in keinem Land eine entsprechende Pflicht, diese Hilfssysteme vorher schriftlich von Patienten bestätigen zu lassen. Ein sicherlich hilfreicher Ansatz wäre demnach, die Betroffenen ohne grossen technischen Hintergrund auf die Möglichkeiten der Assistenzsysteme hinzuweisen und die klaren Vorteile deutlich hervorzuheben.

Fazit zum Thema KI-Assistenzsysteme in der Labormedizin

Bei allen ersichtlichen Vorteilen von KI-Assistenzsystemen in der Labormedizin sollte man den wichtigsten Aspekt niemals vergessen: Der Patient selbst. Nur mit einer umfänglichen und verständlichen Aufklärung über die positiven Aspekte der KI- Systeme wird eine Akzeptanz bei den Patienten erfolgreich ankommen. Derzeit sind solche Systeme nur
«Assistenzsysteme», unterstützen den behandelnden Arzt also in einem gewissen Umfang. Das Schattenbild eines Roboters, der autonom an einem Patienten operiert, existiert in dieser Form auch noch nicht. Das Vertrauen zwischen Patient, Arzt und den eingesetzten Methoden muss in jedem Fall gegeben sein.

Ein weiterer Aspekt ist die Prüfung und Zulassung derartiger KI-Assistenzsysteme oder Algorithmen. Es existieren derzeit keine überprüfbaren Kriterien für beispielsweise Medizinsysteme, die eigenständig lernen und sich dadurch auch gewissermassen selbst weiterentwickeln. Die US-Behörde FDA ist hier schon weiter als das europäi- sche Gegenstück, die EMA (European Medicine Agency). Es müssen jedoch entsprechende Richtlinien und Ethikvorgaben erstellt werden, wie mit solchen Systemen umgegangen wird. Auch eine klare Klassifizierung von reinen Assistenz- und Operativsystemen ist nötig, um die möglichen Gefahren und die überwiegenden Vorteile klar definieren und nutzen zu können.

Autor: Volkmar Grosswendt

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